„Was auch in naher oder ferner Zeit an Schmerzlichem der europäischen Menschheit bevorstehen mag!“

Aus: Rudolf Steiner, GA 291, Das Wesen der Farben, Vortrag: DIE SCHÖPFERISCHE WELT DER FARBE, Dornach, 26. Juli 1914

„Mußte man von geistigen Angelegenheiten vielleicht ja gerade heute mit einer noch größeren Wehmut in der Brust sprechen, als die Wehmut ist, die eben jetzt wegen der Diskrepanz zwischen dem, was wir in unserer geistigen Bewegung wollen, und dem, was als Echo aus der Welt ihr entgegentönt, in uns fließt: es werden die Disharmonien der Welt in anderer Weise ablaufen, wenn die Menschheit einmal einsehen wird, was das geistige Licht vermag in den Menschenherzen anzuzünden, das wir mit unserer Geisteswissenschaft meinen. Und wenn wir auf das hinblicken, was einen heute mit Wehmut in den Geschicken Europas erfüllt, dann ist die Wehmut gegenüber unserer Bewegung nur eine kleine. Wie von solcher Wehmut durchdrungen, im Grunde genommen wie von Wehmut durchbebt, habe ich diese Worte zu Ihnen gesprochen, aber zugleich durchdrungen von der lebendigen Überzeugung, daß, was auch in naher oder ferner Zeit an Schmerzlichem der europäischen Menschheit bevorstehen mag, in uns doch die Zuversicht leben kann, die hervorgeht aus der lebendigen Erkenntnis, daß der Geist den Menschen durch alle Wirrnisse siegreich hindurchführen wird. Wahrhaftig, wir dürfen auch in Tagen der Wehmut, in Stunden, die ein so ernstes Gesicht uns zeigen wie diese, ja, wir dürfen nicht nur, wir müssen von den heiligen Angelegenheiten unserer Geisteswissenschaft sprechen, denn den Glauben dürfen wir haben, daß, so klein sich die Sonne dieser Geisteswissenschaft heute noch zeigt, sie wachsen und immer mehr wachsen wird und immer leuchtender und leuchtender werden wird, eine Friedenssonne, eine Sonne der Liebe und Harmonie über die Menschen hin. Das sind auch ernste Worte, meine lieben Freunde, aber solche, die uns berechtigen, an die engeren Angelegenheiten der Geisteswissenschaft gerade dann so recht seelenhaft, so recht herzhaft zu denken, wenn Stunden des Ernstes zu unseren Fenstern hineinschauen.“